Wissenschaftliche Konferenz in Sremska Kamenica

“Die Wahrheit darf kein Hindernis für den Frieden sein”

Ende Oktober 2009 fand in Sremska Kamenica (Vojvodina) eine zweitägige wissenschaftliche Tagung mit dem Titel “Nationen, Staaten und Diaspora auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien” statt, an der zahlreiche Historiker, Politologen und Soziologen aus Serbien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und den Niederlanden teilnahmen. Organisiert wurde diese Tagung vom “Zentrum für Geschichte, Demokratie und Versöhnung” aus Neusatz (Novi Sad) mit Unterstützung des “Instituts für historische Gerechtigkeit und Versöhnung” aus Den Haag.

Auf dieser wissenschaftlichen Tagung wies Sandor Egeresi, der Parlamentspräsident der Vojvodina, darauf hin, dass das Provinzparlament eine regionale Initiative eingeleitet hat, deren Ziel die historische Versöhnung in der Region ist. Erste Konsultationen über diese Initiative, die unter der Schirmherrschaft des serbischen Nationalparlaments steht, seien bereits im Gange.

In seiner Rede unterstrich er die Notwendigkeit einer Vergangenheitsbewältigung, die sich als “ein langwieriger, schmerzhafter Prozess über mehrere Generationen” hinziehen würde. Eindringlich appellierte Egeresi: “Die Wahrheit und Gerechtigkeit dürfen nicht als Hindernis des Friedens, der Stabilität und des Fortschritts gesehen werden.” Außerdem erinnerte er daran, dass das Parlament der Autonomen Provinz Vojvodina bereits im Jahre 2003 eine Resolution über die Nichtanerkennung der Kollektivschuld verabschiedete. Mit der Individualisierung der Schuld wurden politisch motivierte Manipulationen erschwert. “Wir haben die Bemühungen für eine komplette Rehabilitierung aller Vertriebenen, unschuldig Angeklagten und unschuldig Gefallenen während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bekräftigt. Denn die Opfer haben einen Anspruch auf Würde und Gerechtigkeit”, betonte der Parlamentspräsident.

Egeresi hatte bereits im Februar 2002 im Ehrenhof des Sindelfinger “Hauses der Donauschwaben” einen Kranz für jene Deutschen, die 1944 bis 1948 in Jugoslawien den Verbrechen der Tito-Partisanen zum Opfer gefallen waren, niedergelegt. Als damaliger Vizepräsident des Parlaments der Vojvodina führte er eine vierköpfige Regierungsdelegation aus der Autonomen Provinz an und hielt eine bemerkenswerte Ansprache. Wörtlich sagte er damals: “Für mich ist es eine besondere Ehre, hier sein zu dürfen. Für uns ist dies ein historischer Moment, weil das seit dem Zweiten Weltkrieg der erste Besuch einer Delegation aus der Vojvodina hier in Sindelfingen ist. Für mich selbst ist es eine besondere Ehre, an dieser Veranstaltung teilzunehmen und durch die Geste der Kranzniederlegung mein Bedauern und meine Traurigkeit über die unschuldig gefallenen Opfer zu äußern, die von dem tragischen Schicksal in ihrer und unserer gemeinsamen Heimat betroffen waren.” _
Dieser Beitrag – mit Ausnahme des letzten Absatzes - stützt sich auf einen Artikel aus der in Neusatz (Novi Sad) erscheinenden Tageszeitung “Dnevnik” vom 27.10.2009.

2009-12-12