Erläuterungen zum Aufsatz von Helmut Erwert

Das Schicksal der Donauschwaben in Südosteuropa mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Minderheit in Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg. Versuch eines Überblicks

In: Europäisches Journal für Minderheitenfragen, Ausgabe 3-4/2022, S. 323-357

Dezember 2022
In krisenhafter Zeit, da sich abermals eine „Zeitenwende“ ereignet, hat die „Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit”, München, und die “Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Ver-triebene” in der Zeitschrift „Perspektiven & Einsichten“ ein Themenheft mit dem Titel „Flucht und Vertreibung“ herausgegeben, das mit den be-rührenden Worten beginnt: „Nichts an der Flucht ist flüchtig. Sie stülpt sich über das Leben und gibt es nie wieder frei.“ Als einem der Letzten aus der Erlebnis-Generation der vertriebenen Volksdeutschen aus dem einstigen jugoslawischen Banat spüre ich wie auch meine Familie und die wenigen noch lebenden Schicksalsgenossen bis heute diese eisige Um-klammerung, aus der wir nie entlassen wurden.

In jenem umfangreichen Themenheft sind Aufsätze namhafter Historiker versammelt, die summarisch über den letzten Stand der Forschung zum Thema Geschichte der Vertreibung der Schlesier, der Sudetendeutschen, der deutschen Minderheiten aus Südosteuropa etc. berichten – eine äu-ßerst verdienstvolle Initiative, für die wir dankbar sind. Die Arbeiten wol-len die Thematik wachhalten, da sie endgültig in die Vergessenheit abzu-rutschen droht. Manche Formulierungen allerdings – vor allem, was das Schicksal unserer deutschen Minderheit in Jugoslawien betrifft - schienen mir zu abstrakt bzw. missverständlich, sodass ich an einer wissenschaftli-chen Erweiterung und z. T. auch Gegendarstellung arbeitete.

Die Redaktion der oben genannten internationalen Zeitschrift mit Profes-sor Paul Videsott und anderen Professoren als Herausgeber lud mich ein, diese meine Studie über das Schicksal der „Donauschwaben“ in streng wissenschaftlicher Form für die nächste Ausgabe der Zeitschrift einzubrin-gen. Nach der Prüfung durch ein Peer-Review-Verfahren erscheint sie nun mit der Überschrift „Das Schicksal der Donauschwaben in Südosteuropa mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Minderheit in Jugoslawi-en nach dem Zweiten Weltkrieg. Versuch eines Überblicks“.

EJM Band 15 | 2022 | Heft 3–4 | S. 323–358 DOI 10.35998/ejm-2022-0015

Helmut Erwert

Das Schicksal der Donauschwaben in Südosteuropa mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Minderheit in Jugoslawien nach dem Zweiten Weltkrieg. Versuch eines Überblicks

The Fate of the Danube Swabian Minority in Southeastern Europe with special regard to the German Minority in Yugoslavia after World War II

Abstract: The 18th century in Europe can be understood as a period of frequent and substan-tial German emigrations. The Austrian-Hungarian and the Russian Empire looked for colo-nists to increase fairly unpopulated areas of their realms. Young and enterprising people from the South-West of the then existing Holy Roman Empire were attracted and used the opportunity to emigrate to fairly empty regions of the Kingdom of Hungaria, among differ-ent ethnic groups. Over the centuries, they increased in number and in prosperity. Since then peoples, states and nations of that part of Europe underwent considerable changes in exten-sion and political structure, and the German minorities, with them the later so-called Dan-ube Swabian population, were separated several times and added to various national states with their majorities, so that the ethnic Germans had to struggle for their ethnic heritage among different national languages and political creeds. Finally, the Second World War with the strong infl uence of the German National Socialists and ultimately, the total change of the Southeastern European countries to communism brought expropriation, execution, de-portation, internment, torture, starvation. The highest death rate was among the German minority in Yugoslavia, especially among the Danube Swabians. After these historical re-ports, this essay focuses on the various historical perspectives of the history of the Danube Swabian group after WWII and develops the view of the author as a historian and witness of the times of the 1940es in Yugoslavia and Serbia.

Helmut Erwert, Studiendirektor i. R., Publizist, Kulturpreisträger, Vertriebenensprecher (u. a. Vizevorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Weißkirchen/Banat-Bela Crkva; Landsmannschaftsvertreter im Kreisverband des BdV Straubing-Bogen);
Sudetendeutsche Str. 5, D-94327 Bogen
E-Mail: helmut.erwert@gmail.com

Keywords: national minorities, ethnic identity, Minority Protection Treaty, Trianon, World War II, National Socialist German Labor Party, deportation, expellation, internment, com-munist regimes in Southeastern Europe

Dieser umfangreiche Beitrag, der hier in einem kurzen „abstract“ vorge-stellt ist, versucht in gedrängter Form eine beurteilende Zusammenschau bisher vorgetragener, oft kontroverser Publikationen zu bieten, befasst sich mit verbreiteten Vorwürfen, die auf publizistischer Ebene öffentlich wiederholt werden – etwa mit dem der Kollektivschuld, mit der angebli-chen Einseitigkeit von landsmännisch-donauschwäbischer Darstellung, kritisiert die Geringschätzung bzw. Vernachlässigung der hohen Opferzah-len unserer Volksgruppe u. a. . Er könnte für das in der ausländischen und deutschen historischen Perspektive zuweilen einseitig tradierte Ge-schichtsbild der Donauschwaben ein Momentum darstellen, das für ab-sehbare Zeit ausgleichende Gültigkeit haben könnte, zumal er nicht aus dem Eigenverlag landsmannschaftlicher Darstellungen kommt, sondern auf der Ebene akademischer Geschichtsdiskussion angesiedelt ist.

Trotz leidvoller Vertrautheit mit der eigenen Vertreibung ist es dem Autor hier gelungen, den Weg in die wissenschaftlich anerkannte Öffentlichkeit zu beschreiten – in gewisser Weise ein Alleinstellungmerkmal. Der Beitrag zitiert in kritischen Passagen die Argumentation professionell anerkannter Historiker, sodass es schwerfällt, ihm eine subjektiv-landsmannschaftliche oder persönliche Voreinstellung anzulasten. Für die dauerhafte Erinne-rung an die bislang größte Vertreibung in der Geschichte im öffentlichen Bewusstsein Deutschlands und der Welt wird langfristig zählen, wie es gelungen ist, diese durch öffentlich weithin akzeptierte Zeichen und un-widerlegbare historische Erkenntnisse zeitlos sichtbar zu machen und präsent zu erhalten, nicht so sehr, wie wir Vertriebenen uns selbst sehen und kurzzeitbedingt uns treffen und miteinander kommunizieren.

Exemplare dieser Ausgabe der Zeitschrift mit dem Aufsatz über die Do-nauschwaben verschickt der Wissenschafts-Verlag Berlin an einschlägige wissenschaftliche Institute, u. a. an den Direktor der Bayerischen Landes-zentrale für politische Bildungsarbeit, München, an das Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS), Regensburg, an den Leiter des Leibniz-Instituts für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS), Prof. Dr. Ulf Brunnbauer, Regensburg, an das Institut für deutsche Kultur und Ge-schichte Südosteuropas, München, an die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, z. Hd. v. Direktorin Dr. Gundula Bavendamm, Berlin.

Die geringfügig persönlich situierte Studie ist ausgerichtet auf Annähe-rung an die historische Wahrheit, ruft zur Aussöhnung über den Gräbern auf, was in der gegenwärtigen Epoche erneuter Kriege sowie der Kandida-tur Serbiens und des Westbalkan für die EU als nützlich betrachtet wer-den kann.

Es würde mich freuen, wenn diese Arbeit die Aufmerksamkeit unserer donauschwäbischen Verbände finden könnte, die sich für die historische Wahrheit und die würdige Erinnerung an die Vertreibung unserer Volks-deutschen engagieren, und für die Forschung und Darstellung sich als nützlich erweisen würde.

Mit freundlichen landsmannschaftlichen Grüßen,
Helmut Erwert

2024-01-04
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