Die Erneuerung der Fernbach-Kapelle in Apatin

Dieser Beitrag erschien in der “Neuen Zeitung”, Budapest, Folge 1, 2015. Mit freundlicher Genehmigung der “Neuen Zeitung” wird er hier ungekürzt wiedergegeben.

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In Apatin befindet sich ein umfangreicher Baukomplex von außerordentlicher Bedeutung für das deutsche Kulturerbe in der Vojvodina. Dazu gehört die Herz-Jesu-Kirche, in der sich das deutsche Kirchenmuseum befindet, das am 24. Juli 2014 eröffnet wurde. Daneben das frühere Pfarrhaus, in dem die Redaktion des kirchlichen Wochenblatts “Die Donau” untergebracht war, welches gegen die nationalsozialistische Politik im Zweiten Weltkrieg ankämpfte. In diesem Haus wirkt heute der deutsche Verein “Adam Berenz”. Hier befindet sich auch ein Archiv über die ehemaligen deutschen Siedlungen, mit ca. 40.000 Büchern und Periodika aus den zerstörten deutschen Kirchen in der Vojvodina.

Gegenüber der Kirche und dem “Berenz”-Haus liegt der einzige in der Vojvodina erhaltene deutsche Friedhof. Neben der bemerkenswerten Friedhofsarchitektur finden sich dort auch zwei Familienkapellen: die Kapelle der Familie Hermannsdorf und die Kapelle der wohlhabenden donauschwäbischen Familie Fernbach von Apatin. Alle anderen Friedhofskapellen bekannter Familien in der Vojvodina sind vollständig ausgeplündert und zerstört worden.

Fernbach-Kapelle Apatin
Die Krypta vor der Restaurierung - Foto: Boris Masic

Die Fernbach-Kapelle ließ der reiche Kaufmann Anton Fernbach 1875 erbauen, noch bevor seine Söhne Valentin und Anton vom österreichischen Kaiser Franz Joseph 1896 geadelt wurden. Die Kapelle wurde über dem Grab des 1760 aus Schönwald (Baden) eingewanderten Johann Georg Fernbach errichtet. Dieses Kolonistengrab aus dem 18. Jahrhundert wurde in die äußere Mauer der heutigen Kapelle eingefügt und stellt somit ein einzigartiges Denkmal dar. In der Krypta unter der Kapelle waren 26 Mitglieder der angesehenen und vermögenden Familiendynastie beerdigt worden.

Die Kapelle wurde im eklektischen Stil erbaut und dem hl. Antonius gewidmet. 20 Jahre lang blieb die Grabstätte zerstört und entweiht, bis die Gemeinde Apatin 2004 eine Renovierung beschloss, um dieses Bauwerk für Bestattungen nutzbar zu machen. Obwohl bei der Instandsetzung der größte Teil der Skulpturen an der Außenfassade sowie das Enterieur zerstört wurden, konnte die Kapelle bei Begräbnissen benutzt und so vor weiterem Verfall bewahrt werden. Bei der Gelegenheit wurden auch die Krypta aufgeräumt und die aufgebrochenen Grabkammern zugemauert. In der ganzen Vojvodina der einzige Fall, dass eine Friedhofskapelle von der Gemeindeverwaltung erneuert wurde. Dank dieser großzügigen Geste wird auch die weitere Restaurierung der Kapelle ermöglicht, die bis 2015 abgeschlossen sein soll. Apatin wird damit nicht nur eine touristische Attraktion ersten Ranges erhalten, sondern auch ein Kulturgut von überragender Bedeutung für die ganze Region.

Fernbach-Kapelle Apatin
Die Krypta nach der Restaurierung - Foto: Boris Masic

Dieser Tage werden in der Fernbach-Kapelle intensive Arbeiten durchgeführt: Anhand der Sterbedaten, die Boris Masic 1991 notiert hatte, sind alle Grabplatten der Familie Fernbach zurück an ihren ursprünglichen Platz gesetzt worden. Der Hauptrestaurator der Krypta, Neven Popovic, ist sehr an der Geschichte der Donauschwaben interessiert. Er ist ein kundiger Meister, der viel Verständnis für diese Arbeit mitbringt, denn jeder Grabstein in der Krypta ermöglicht weitere Forschungsergebnisse in der Geschichte dieser bedeutenden Familie, deren Schlösser viele Orte in der Vojvodina geschmückt haben.

Obwohl die Fernbachs Anfang des 20. Jahrhunderts Apatin verlassen hatten, wurden alle Mitglieder dieser Dynastie in der Apatiner Krypta beerdigt. Die bedeutendsten Mitglieder der Familie sind: Valentin Fernbach, der Jüngere (geb. 1871, gest. 1926), Großgrundbesitzer in Sonta, Inhaber einer reichen Sammlung afrikanischer Trophäen und einer ägyptologischen Sammlung; Karl Fernbach, Besitzer des Schlosses Bábapuszta, Abgeordneter im ungarischen Parlament und Obergespan; Dora Karácsony de Boszok, eine bedeutende Ornithologin; Peter Fernbach war Statthalter; Anton Fernbach, Großgrundbesitzer aus Omoravitza, sowie Josef Fernbach, der Besitzer des Schlosses in Temerin war.

Fernbach-Kapelle Apatin
Die Fernbach-Kapelle - Foto: Boris Masic

Die Arbeiten in der Krypta werden von Graf Esteban Teleky de Szék, einem Nachkommen der Familie, die in Deutschland lebt, finanziert. Er äußerte unlängst, dass diese Restaurierung “ein Triumph über Vandalismus und Ignoranz sei” und bedankte sich bei der Gemeinde Apatin und ganz besonders bei Boris Masic, der die Initiative zur Rettung dieses sakralen Denkmals ergriffen hat.

Für das Jahr 2015 ist auch die Erneuerung der Inneneinrichtung der Kapelle vorgesehen, d. h. die Aufstellung des Altares und der Bänke, die bis heute noch erhalten sind. Am 13. Juni 2015, dem Tag des Kirchenpatrons, des hl. Antoni, ist die feierliche Einweihung durch den Bischof vorgesehen, an der auch die Nachkommen der Familie Fernbach teilnehmen werden. Ihnen wird auch eine Ausstellung im donauschwäbischen Museum in der Herz-Jesu-Kirche gewidmet sein.

Mit der abgeschlossenen Restaurierung der Friedhofskapelle, der Instandsetzung des Friedhofs, der Renovierung der Herz-Jesu-Kirche und des Pfarrhauses und der Eröffnung des donauschwäbischen Museums stellt sich die Frage nach der Erhaltung dieses Areals, das Zeugnis gibt von vergessener deutscher Kultur in diesem Land. Es mehren sich die Meinungen, dass dieser Komplex unter den staatlichen Denkmalschutz gestellt werden sollte, als Erinnerung an die Zivilisation der Donauschwaben, die definitiv aus diesem Teil Europas verschwinden.

Boris Masic

2015-02-11